Berlinale Start

Reaktionsschema nach Baehr/Spengler

Isabell Spengler, Antonia BaehrHeute war mein Berlinale-Start.  Und zwar nicht mit einem Film sondern einer Lesung zweier Künstlerinnen: der Filmemacherin Isabell Spengler und der Performance Künstlerin Antonia Baehr. Beide seit Kindheit befreundet stellen in einer multimedialen Lesung die Konzepte ihrer Arbeit vor, als Versuch die vielgestaltige Wand zwischen Zuschauer und Installation, Performerin oder filmischer Projektionsfläche bewußt zu machen und spielerisch damit umzugehen. Überzeugend waren die präsentierten Filmausschnitte und Performance. So spannend und witzig das Werk, so ermüdend leider die Vorträge der beiden Frauen.

Und wie das Leben so spielt: Da stehten wir an der Vorverkaufskasse und ein netter Mensch, den wir im Verdacht hatten, sich vordrängeln zu wollen, schenkt mir eine Karte für einen Wettbewerbsfilm. So kam ich zu „Tuan Yuan“ einem chinesischen Liebes- und Familiendrama. Ein mit den Nationalchinesen flüchtender Soldat lässt seine schwangere Freundin in Shanghai zurück.

Tuan Yuan - Apart TogetherErst 50 Jahre später dürfen die nationalchinesischen Soldaten in ihre alte Heimat China und in ihre Städte zurückkehren. Ein betagter Soldat in Rente kehrt also nach Shanghai zurück. Seine ehemalige Geliebte lebt seit Jahrzehnten mit einem anderen Mann zusammen, der sie die Jahre über rührend unterstützt hat. Auch mit ihm hat sie Kinder.

Das Drama gipfelt in der Frage, ob sie mit ihrer alten Liebe nach Taiwan ziehen soll und damit ihren bisherigen Lebenspartner und all ihren Kindern den Rücken kehren wird. Und wenn es dem Chinesen so recht ins Herz fährt, dann spricht er nicht mehr sondern fängt an zu singen.

Das Ende ist zu erahnen aber doch nicht vorhersehbar und eine Person erfährt eine erstaunliche charakterliche Wandlung. Der letzte Handlungsort der Familiengeschichte ist die neue Eigentumswohnung in einem Hochhaus. Schick und modern eingerichtet, aber die alten Freunde kommen nicht zum Geburtstag zu besuch. Ihnen ist der Weg aus ihrem Viertel zu weit.

Morgen um 9.30 Uhr steht dann „Howl“ auf dem Programm. Ein Film über das gleichnamige Gedicht von Allen Ginsberg, der es 1955 veröffentlichte und dem wenig später ein Zensurversucht und Skandal folgte, wegen dieser Zeile:

who let themselves be fucked in the ass by saintly motorcyclists, and screamed with joy
(deutsch: die sich in den Arsch ficken ließen von heiligen Motorradfahrern und vor Freude schrien)
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