queer @ DOK.fest München 2021

Vom 5. bis 23. Mai alle Filme on-demand ansehen.

Ab sofort ist das Filmprogramm des DOK.fest unter www.dokfest-muenchen.de erreichbar und die Filme können on-demand im Internetbrowser daheim oder unterwegs betrachtet werden. Ein Dokumentarfilm kommt dabei auf 6 Euro und ein Kurzfilm auf 3 Euro. Es sind jeweils Soli-Tickets erhältlich deren 1-Euro-Aufpreis als Kino-Spende dient. Nach Start des Films steht dieser für 48 Stunden zur Verfügung. Der Flat-Rate-Festivalpass kostet 70 Euro, worin 5-Euro-Kinospende bereits enthalten sind. Auf der Homepage und den Film-Informationsseiten angekündigte und verlinkte Live-Videoevents sowie Filmgespräche können kostenfrei aufgerufen werden.

Vom DOK.focus Empowerment bis hin zu DOK.horizonte aus Ländern im Umbruch finden sich viele Filme in denen queere Lebensweisen und Identität Bestandteil sind oder im Zentrum filmischer Dokumentation stehen. So bedauerlich es ist, dass die Begegnungen von Filmfreund.innen, Filmemacher.innen und ihren Werken auch in diesem Jahr nur online stattfinden können, so erfreulich ist es, dass damit auch über München hinaus, Menschen die Gelegenheit erhalten, das Festivalprogramm zu sehen.

Nachfolgend einige ausgewählte Produktionen kurz vorgestellt. Die angegebenen Links führen direkt zur jeweiligen Online-Infoseite.

LA PREMIÈRE MARCHE
Frankreich 2020 – Regie: Hakim Atoui, Baptiste Etchegaray – Originalfassung: Französisch – Untertitel: Englisch, Ohne
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/25555

Die Politologiestudent.innen Youssef, Yanis, Luca und Annabelle wollen den ersten LGBTQIA*-Pride in einem Pariser Vorort, in Saint-Denis, organisieren. Auf dem ersten Vorbereitungstreffen ist auch Hakim Atoui dabei. Vom Elan der jungen Aktivist.innen mitgerissen beschließt er, den Journalisten Baptiste Etchegaray zu fragen, um gemeinsam die Aktion zu dokumentieren. Die beiden besorgen sich Equipment und tauchen ein in den Strudel der Ereignisse. Die daraus entstandene Dokumentation ist so erfrischend und mutig wie das Projekt selbst. Die Protagonist.innen treiben ihr Anliegen mit Verve, Überzeugung und einem Humor voran, der beim Thema leider oft zu kurz kommt.

Auf dem Weg zum ersten Pride in der von Arbeiter.innen und Migrant.innen geprägten Banlieue erfahren wir, wie sich Konzepte von Kolonialismus und Emanzipation ins Sexleben integrieren lassen, von den Grenzen, auf die Kommunikation unerwartet trifft und dass es Mediengift ist, sich in eine defensive, intersektionelle Opferrolle drängen zu lassen. Wie das Ganze ausgeht, will ich hier nicht verraten. Es gibt viel zu lernen von den jungen Politaktivist.innen und einiges zu lachen.

ZUHURS TÖCHTER
Deutschland 2021 – Regie: Laurentia Genske, Robin Humboldt – Originalfassung: Arabisch, Deutsch, Englisch – Untertitel: Deutsch, Englisch, Ohne
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/25482

Schon in ihrer Jugend in Syrien träumen Lohan und Samar davon, ihre weibliche Identität auszuleben. Alles kreist um Frisuren, Schminke und Mode. Nachdem sie sich gegenseitig ihre Sehnsüchte gestehen, erfahren auch die Geschwister und die Eltern davon. Um die Familie vor drohender Spaltung und Verachtung zu bewahren, entschließen sich alle zur Flucht.

Doch das Asyl in Deutschland ist nicht in jeder Hinsicht eine Befreiung. Drei Jahre begleitet der Film die beiden Trans-Geschwister, ihre kleinen Geschwister, die Eltern, Freund.innen und Nachbarn der Gemeinschaftsunterkunft. Die dabei eingefangenen Szenen und Stimmungen lassen uns die tiefen Verletzungen spüren, die beim Versuch entstehen, sich unbefangen zwischen den Welten bestehend aus Glauben, Familie, Liebesbeziehungen und idealisiertem Instagram-Bild zu bewegen und konsequent die Schritte zur eigenen Identität zu gehen.

THE ART OF SIN
Norwegen, Sudan 2020 – Regie: Ibrahim Mursal – Originalfassung: Arabisch, Englisch, Norwegisch – Untertitel: Englisch, Norwegisch, Ohne
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/23688

Nachdem er 2008 nach Norwegen flüchtete, bekannte sich der sudanesische Künstler Ahmed Umar 2015 auf Facebook öffentlich zu seiner Homosexualität. Ein Tabubruch, denn im Sudan ist Homosexualität gesellschaftlich verpönt und nach wie vor illegal. THE ART OF SIN dokumentiert Homophobie im Sudan – und auch in Norwegen. Aber auch, wie es dem Künstler Ahmed Umar immer wieder gelingt, aus Anfeindungen, Leid, Fragilität und kultureller Diversität künstlerische Arbeiten von herausragender Qualität zu entwickeln. Jedes Detail, jede künstlerische Entscheidung fällt er ganz bewusst auf einem Fundament liebevoller und respektvoller Menschlichkeit. Sein selbstbewusstes Auftreten als schwuler Mann ist für den Filmemacher Ibrahim Mursalt oft eine Herausforderung. THE ART OF SIN zeugt von der erfolgreichen Entwicklung ihrer ungewöhnlichen Zusammenarbeit.

INSTRUCTIONS FOR SURVIVAL
Deutschland 2021 – Regie: Yana Ugrekhelidze – Originalfassung: Englisch, Georgisch, Russisch – Untertitel: Englisch
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/25270

Sascha ist Transgender und muss ein Leben im Verborgenen führen – in seiner Heimat drohen ihm Verfolgung und Tod. Seine Partnerin Mari geht eine Leihmutterschaft ein, um Geld für eine Flucht nach Westeuropa zu verdienen – doch der Plan ist problematisch: Sascha und Mari entwickeln mehr und mehr eine emotionale Beziehung zu dem Kind in Maris Bauch.

THINGS WE DARE NOT DO
Mexiko 2020 – Regie: Bruno Santamaría – Originalfassung: Spanisch – Untertitel: Englisch
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/23368

Arturo – Ñoño – hat ihren festen Platz in der Dorfgemeinschaft. Vor allem die Kinder lieben sie, denn sie bringt ihnen Choreografien auf dem Dorfplatz bei, denkt sich Spiele aus, entwirft glitzernde Kostüme für sie und die Dekoration für die Schulabschlussfeier. Doch wenn sie allein abends auf der Straße zu Musik tanzt oder in der Stadt unterwegs ist sind die Reaktion weniger freundlich. Der sonst vorwiegend als Kameramann arbeitende Bruno Santamaríe hat ein einfühlsames Porträt von großer Intensität und herausragender bildlicher Brillianz geschaffen. Schade um jedes Detail, das zuvor verraten wird. Angucken!

ERWIN OLAF – THE LEGACY
Niederlande 2020 – Regie: Michiel van Erp – Originalfassung: Englisch, Niederländisch – Untertitel: Englisch
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/24306

Der preisgekrönte niederländische Fotograf Erwin Olaf wird bald 60, und ein Lungenemphysem lähmt ihn zunehmend durch Atemlosigkeit. Doch widmet er sich leidenschaftlich und detailversessen den Herausforderungen, welche die Edition seines Werkes für Museen und Kataloge mit sich bringen. Eine echte Ikone unter seinen Fotos ist das Bild des nach hinten gelehnten, nackten jungen Mannes, vor dessen Schoß sich eine überschäumende Sektflasche auf sein Sixpack ergießt. Auch neue Fotoprojekte nimmt Erwin trotz aller Widrigkeiten in Angriff. Die eigene Krankheit lastet schwer, ein ehemaliger Geliebter ist von Krebs gezeichnet und die eigene Mutter liegt auf dem Sterbebett. Aber halt, diese Doku und ihr Protagonist sind beileibe kein Trauerspiel. Erinnerung, Abschied, Tod und Vermächtnis werden nicht verdrängt sondern mit heiterer Gefasstheit angegangen. Auch frecher und respektloser Humor fehlt nicht, etwa wenn der spezielle Designsarg für die Mutter geliefert wird. Alles kommt schonungslos und ungeniert ins Bild: das Arztgespräch, die Schwächeanfälle, der deformierte Körper. Ein Lehrstück darüber, in Würde und unanständig dem Ende entgegenzugehen.

Die Kunsthalle München zeigt vom 14. Mai bis 26. September die Ausstellung „unheimlich schön“ mit aktuellen Arbeiten von Erwin Olaf.
https://www.kunsthalle-muc.de/

Auf der Homepage des Künstlers gibt es einen schönen Überblick, einschließlich Video zur Entstehungsgeschichte einzelner Werke.
https://www.erwinolaf.com/

PASSION
Schweden 2021 – Regie: Maja Borg – Originalfassung: Englisch, Schwedisch, Spanisch – Untertitel: Englisch
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/23745

„It’s a paradox. All great truths are paradoxes.” Nachdem die schwedische Regisseurin Maja Borg einschneidende Verletzungen an Körper und Seele erlebt hat, sucht sie nach neuen Wegen, um dem Schmerz zu begegnen. Erleichterung kommt aus unerwarteter Richtung: dem Spannungsfeld von Dominanz und Hingabe, Schmerz und Lust. Zusammen mit Gleichgesinnten erlebt und erlernt sie über Techniken queerer BDSM-Praxis einen neuen Zugang zu sich selbst. Grenzen überschreiten, um Grenzen wiederherzustellen? Was zunächst paradox erscheint, führt uns immer tiefer hinein in den Urgrund menschlicher Existenz. Ein Film, der – formal zugleich elegant und schonungslos – große spirituelle Fragen stellt. Und ein Erwachsenenfilm im besten Sinne! (Anne Thomé, DOK.fest)

DIE WELT JENSEITS DER STILLE
Deutschland 2021 – Regie: Manuel Fenn – Originalfassung: Chinesisch, Deutsch, Englisch, Hebräisch, Italienisch, Kiswahili, Malaiisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch – Untertitel: Deutsch, Englisch, Ohne
https://www.dokfest-muenchen.de/films/view/25582

Die Geschichte der Corona-Pandemie, erzählt in Miniaturen: ein vereinsamter Kung-Fu-Lehrer in Berlin, der nicht zurück nach China will, ein Pizza-Lieferant in New York am Rande seiner Existenz, Familien, die auseinandergerissen wurden. Im ersten Jahr der Pandemie tauchen wir mit der dokumentarischen Kamera in zwölf Lebensgeschichten ein. Die führen uns auch nach Rio de Janeiro, wo die Pandemie für die Partnerschaft von Saullo und Vladimir zu einer besonderen Herausforderung wird

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