Als Hort fortschrittlicher Genderpolitik und länderübergreifendem Queer-Aktivismus war mir Serbien bislang unbekannt. Aber wen wundert’s, ist es doch schon 28 Jahre her, dass ich mit Mutter, Tante und Vater meinen serbischen Großvater besucht habe. Damals im Alter von 14 Jahren wäre mir der Begriff „queer“ rätselhaft geblieben. Er ist es noch heute für eine Vielzahl serbischer Bürger.
Am Abend des 5.10.07 ging es also mit dem Bus Richtung Serbien über Österreich und Ungarn, sorgfältig die Grenzen Sloweniens und Kroatiens meidend. Das Verhältnis dieser beiden Länder zu Serbien, ist noch weit davon entfernt entspannt zu sein und um längere Aufenthalte an der Grenze zu vermeiden eben der kleine Umweg über Ungarn. Für mein eigenes kleines Grenzproblem war das indes kein Trost, sind doch die Serben dafür bekannt, niemand aus ihrer Staatsbürgerschaft zu entlassen und bei bestehen einer solchen auf die Ableistung des Miltitärdienstes zu beharren. Nun habe ich dort keine Wehrdienst geleistet und auch niemals die serbische Staatsbürgerschaft besessen, aber wer weiss schon wie die Mühlen der Bürokratie mahlen in einem Land, in dessen Behörden der Gebrauch einer Schreibmaschine durchaus üblich ist und denen mein Nachname einen unzweideutigen Hinweis auf verwandtschaftlich Beziehungen gibt. Beim Stopp an der serbischen Grenze bekam ich dann prompt einen kleinen Panikanfall, als der Grenzer, nachdem er alle Reisedokumente der Mitfahrer gesichtet hatte, ausgerechnet mit meinem Pass verschwand und der Buss zur Weiterfahrt ansetzte. Zu meiner großen Erleichterung erhielt ich ihn aber wenige Meter später wieder
Der Genosse in der schwarzen Unterwäsche wusste jedenfalls am Eröffnungsabend von seinen leidvollen Erlebnissen zu berichten, als er versuchte den Militärdienst zu vermeiden und sich als queer outete. Massiv von anderen Rekruten unter Druck gesetzt, wurde er zunächst zu seiner eigenen Sicherheit in einer Gefängniszelle untergebracht, um ihn vor Übergriffen zu schützen. Abschließen wollten sie die auch noch, was er aber unter Protest verhindert hat. Jedenfalls dauerte es mehrere Wochen, bis er endlich aus dem Dienst entlassen wurde und es ist bewunderswert, mit wieviel Humor er seine Erfahrungen in der Performance am Eröffnungsabend des Festivals hat.
(Fortsetzung folgt)